Seit Jahren ist der durchschnittliche Stundenlohn einer berufstätigen deutschen Frau gut 22% niedriger als der des männlichen Arbeitnehmers. Mit zunehmender Qualifikation und Alter der Frauen steigt diese Lohnlücke noch deutlich. Da die unterschiedlichsten Gründe dafür verantwortlich sind, hat sich trotz Ausbau von Kinderbetreuung, Elternzeit mit Vätermonat und Allgemeinem Gleichbehandlungsgesetz daran kaum etwas geändert – Rheinland-Pfalz liegt mit rund 22% Lohnlücke voll im Trend.
„Dass Frauen und Männer nach wie vor nicht gleich bezahlt werden für die gleiche oder eine gleichwertige Arbeit ist ein Unding. Wir wollen hier Abhilfe schaffen und fördern daher seit Beginn des Jahres die neue „Kompetenzstelle für freiwillige Lohntests‘ der Bildungs- und Beratungsorganisation Arbeit & Leben gGmbH, die über freiwillige Lohntests und die Vorteile fairer Bezahlung informiert“, erklärt Frauenministerin Irene Alt. „Außerdem unterstütze ich das Vorhaben der Bundesfrauenministerin Schwesig, ein Entgeltgleichheitsgesetz einzuführen.“
Auch wenn die Entgeltunterschiede in verschiedenen Branchen unterschiedlich hoch sind, so gibt es sie doch überall und in allen Gehaltsklassen, aber in keiner Branche zu Lasten der Männer. Selbst wenn man strukturelle Unterschiede, wie z.B. überwiegend weibliche besetzte Branchen, Teilzeitarbeit, Erwerbsunterbrechungen, etc., herausrechnet, bleibt noch ein Unterschied von rund 7%. Ist das Diskriminierung?
Dazu die CDU Landes- und Fraktionsvorsitzende Julia Klöckner: „Diese Lohnlücke ist ungerecht und darf nicht sein. Außerdem haben Frauen heute nicht nur weniger im Geldbeutel, sondern die Unterschiede haben auch negative Auswirkungen auf die Altersvorsorge. Wir müssen dahin kommen, dass Frauen und Männer im Schnitt gleich viel verdienen.“
Man könnte diese Tatsachen einfach als Ungerechtigkeit werten, mit der Frauen immer schon gelebt haben und der Frauen weltweit noch in weit größerem Umfang ausgesetzt sind. Am weltweiten Einkommen haben Frauen nur einen Anteil von ca.10 Prozent, am Vermögen sind es nur 1 Prozent. Doch wäre das zu kurz gedacht: Aufgrund des geänderten Unterhaltsrechts in Deutschland und der Absenkung des Rentenniveaus auf 43% in 2030 haben Frauen mit massiver Altersarmut zu rechnen, und das nicht nur im Niedriglohnsektor. Wir müssen die Kette niedrige – ungleiche – Löhne, geringere Arbeitsbereitschaft, Zuständigkeit für Kindererziehung, kaum eigenes Vermögen und Altersarmut für Frauen durchbrechen. Wenn man bedenkt, dass der Entgeltunterschied in ländlichen Regionen bei ca. 30% liegt, wird klar, welch gesellschaftspolitischer Sprengstoff sich hinter der Equal Pay-Problematik in einem Flächenland wie Rheinland-Pfalz verbirgt.
Wer den demografischen Wandel mit all seinen negativen Folgen zumindest abbremsen will, wer den Fachkräftemangel bekämpfen will oder wem auch nur an sozialem Frieden und gerechter Entlohnung gelegen ist, muss sich dem Thema widmen. Die stärkere Eigenverantwortung der Frauen und Familien, ein Umdenken in Unternehmen und Gesellschaft sowie politisches Handeln und Aufklärung tun dringend Not!

Der Landesfrauenrat Rheinland-Pfalz e.V. fordert:

  • Die Reform des deutschen Lohnsteuerklassensystems, das dem Familienmodell der Nachkriegsjahre (Mann = Familienernährer, Frau = Zuverdienerin) entsprungen ist, in heutiger Zeit aber, in der die Eigenverantwortlichkeit des Individuums hohe Priorität hat, ein systemimmanent hohes Potential der Benachteiligung erwerbstätiger Frauen in sich trägt, weil es falsche Anreize setzt
  • Die flächendeckend Installation von Equal Pay-BeraterInnen, die Frauen durch Aufklärung und Beratung bei der Erwerbsbiografieplanung vor potentieller Altersarmut bewahren
  • In die Rahmenlehrpläne ab der achten Klasse müssen Inhalte aufgenommen werden, die sich mit dem Zusammenhang von Schulabschluss, Beruf und Karriereplanung, Einkommen und Vermögen sowie Alterseinkünften auseinandersetzen. Den SchülerInnen sollen die methodischen und didaktischen Fähigkeiten vermittelt werden, die sie für eine individuelle Lebensplanung mit ökonomischen Auswirkungen unter Einbeziehung von Partnerschaftskonzepten benötigen
  • Gesellschaftliches Umdenken in der Wertschätzung von frauentypischen Berufsgruppen, vor allem im sozialen Dienstleistungsgewerbe, das sich durch bessere Bezahlung auch finanziell ausdrücken muss und zu mehr Lohngerechtigkeit beiträgt
  • Transparente Bewertungsverfahren und Vergütungsstrukturen in Unternehmen mit jährlicher bundesweiter Veröffentlichung von Lohneinkünften nach Funktionsgruppen sowie der Alterseinkünfte Erhöhung der Anteile von Frauen in Führungspositionen durch die Einführung von Quoten in allen Unternehmen mittlerer Größe sowie auf allen Unternehmensebenen verbunden mit einem Umdenken in Unternehmen, so dass nicht 60 Prozent der weiblichen Führungskräfte kinderlos bleiben

LandesfrauenratRheinland-Pfalz