Frauen in Führungspositionen- zwischen Anspruch und Realität

Das am 11.12.2014 in Deutschland verabschiedete Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst ist erst wenige Wochen alt und schon gibt es schlechte Nachrichten: Im Januar 2015 notiert das Mixed-Leadership-Barometer 2014 von Ernst & Young: die Zahl der Frauen in Vorständen börsennotierter Unternehmen ist gegenüber dem Vorjahr um zehn Prozent auf gerade noch 37 Frauen gesunken – bei mehr als 600 Männern. Das entspricht einer Quote von unter sechs Prozent. Weniger als ein Prozent der 160 untersuchten Unternehmen haben eine Frau als CEO (Chief Executive Officer), nur in 21 Prozent der Unternehmen gibt es mindestens eine Frau im Vorstand, Tendenz rückläufig.

Hier hat offenbar auch nicht geholfen, dass das EU-Parlament im November 2013 eine Richtlinie mit einer 40-prozentigen Quote in Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen bis 2020 beschlossen hat, die 2018 bereits in öffentlichen Betrieben erreicht sein soll. 18,4 Prozent Frauen in den Top 200 Unternehmen Ende 2014 und 3,4 Prozent bei den Vorsitzenden in Aufsichtsräten in Deutschland lassen noch viel Luft nach oben.

Auch das deutsche Gesetz droht ins Leere zu gehen. Die verbindlichen Quoten gelten nur für die Aufsichtsräte in 108 Unternehmen. Die 3.500 börsennotierten oder mitbestimmungspflichtigen Unternehmen haben die Möglichkeit ihre Quoten selbst zu definieren. Freiwillige Verpflichtungen ohne konkrete Quoten und vor allem ohne wirksame Sanktionen, haben sich auch früher nicht bewährt.
Schon die 2001 zwischen der Bundesregierung und den Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft getroffene Vereinbarung zur Förderung der Chancengleichheit von Frauen und Männern in der Privatwirtschaft lief ins Leere.

Das gleiche gilt auch, wenn Quoten nur für den Aufsichtsrat definiert werden, wie das Beispiel in Norwegen zeigt. Auf der Top-Ebene wurden die Frauenquoten in sechs Jahren umgesetzt. Alle anderen Ebenen darunter haben weder ihren Anteil an weiblichen Führungspositionen verbessert noch das Einkommen weiblicher Angestellten dem der Männer gleichgestellt.

Welche Wirkung das Gesetz in den Gremien zeigen wird, bei denen der Bund die Mitglieder bestimmen kann, wird sich noch zeigen. Die 30-prozentige Quote bei Neubesetzungen bis 2016 und die 50-prozentige Quote bis 2018 sehen ambitioniert aus. In Betrieben mit Bundesbeteiligung hätte es schon lange die Möglichkeit gegeben, Einfluss auf eine höhere Frauenquote zu nehmen. Die Fakten sehen anders aus. In Unternehmen mit Bundesbeteiligung lag der Anteil von Frauen im Aufsichtsrat Ende 2014 bei 24 Prozent und im Vorstand bei 15 Prozent (DIW Managerinnenbarometer). Wir sind auf den nächsten Gleichstellungsindex gespannt!

Die hier dargelegten Fakten lassen nur einen Schluss zu: Allen anderslautenden Beteuerungen zum Trotz zeigen weder Politik noch Wirtschaft ein ernsthaftes Interesse an deutlichen Änderungen.

Das ist umso weniger nachvollziehbar als Studien von Mc Kinsey (2008 und 2009) als auch Ernst & Young (2012) immer wieder belegen, dass heterogene Teams in Unternehmen erfolgreicher sind als homogene Gruppen. Frauen in Führungspositionen kosten die Unternehmen bzw. die Wirtschaft nicht mehr Geld – sie machen sie im Gegenteil profitabler und nachhaltig erfolgreicher. Warum also hinken die wirtschaftlichen Auswahlprozesse bei der Besetzung von Führungspersonal diesen Erkenntnissen hinterher? An der Qualifizierung der Frauen kann es nicht liegen, denn Frauen sind heute so gut qualifiziert wie nie. Wir haben mehr Akademikerinnen und das mit den besseren Abschlüssen. Frauen machen über 50 Prozent der Bevölkerung aus, verfügen aber nur über 78% des Einkommens und 64% (je nachdem welche Einkommens- und Vermögensebene einbezogen werden) des Vermögens der Männer. Das DIW hat 2014 sogar nur eine Quote von 49% ermittelt. In den letzten Jahren ist der Unterschied zwischen den Vermögen weiter zu Gunsten der Männer angewachsen. Diese Schere darf nicht weiter auseinander gehen!

Das können wir uns volkswirtschaftlich nicht länger leisten. Nicht nur wegen der demografischen Entwicklung brauchen wir ein langfristiges Konzept, das alle Talente auf allen Ebenen in den Wertschöpfungsprozess mit einbezieht. Wir schaffen das nur, wenn in den nächsten Jahren eine kritische Masse von Frauen in Führungspositionen überschritten wird. Erst ein konstant wachsender Anteil an weiblichen Führungskräften wird die Unternehmenskulturen nachhaltig verändern können und den Entscheidern die Sicherheit vermitteln, dass sie mit Frauen mindestens so erfolgreich agieren wie mit Männern.

Der Landesfrauenrat Rheinland-Pfalz warnt davor, dass sich die Politik sowie alle relevanten Gruppen und Institutionen an diesem kritischen Punkt zurücklehnen. Wir sind noch lange nicht am Ziel. Der Gesetzesbeschluss zur gleichberechtigten Teilhabe ist ein erster Schritt, dem weitere folgen müssen. Wir fordern eine Konkretisierung der Quoten auf über 40 Prozent für alle Ebenen von Unternehmen, die eine Führungsstruktur installieren Die große Anzahl der Frauen, die Qualifikation und Entscheidungskompetenz für eine Führungsverantwortung vereint, darf von überkommenen Strukturen und Vorstellungen nicht länger ausgebremst werden.